|
Projekt: "was war ist" (Linz)
Die Lunzerstraße liegt im Linzer Süden auf dem Gelände der Voest Alpine zwischen Produktionsgebäuden auf der einen und dem direkt angrenzend Naturraum des unteren Traunlaufes auf der anderen Seite. Früher Überschwemmungsgebiet war hier gegen Ende des 2. Weltkrieges das Nebenlager III, ein Außenlager des KZ Mauthausen, in dem ZwangsarbeiterInnen der „Hermann Göring Werke“ in Holzbaracken untergebracht waren. 1972 wurden an dieser Stelle Lehrlings- und Arbeiterwohnungen in vier Hochhaustürmen mit jeweils 11 Stockwerken und Verbindungselementen im Parterrebereich errichtet. Ab Mitte der 1990er Jahre wurden diese als AsylwerberInnenheime genutzt, welche jedoch nach ca. 10 Jahren wegen fortschreitend unmenschlichen Bedingungen und ihrer isolierten Lage wieder aufgelöst werden mussten. 2013 standen die Gebäude großteils leer, nach aktueller Planung werden sie bis Mitte 2014 abgerissen um Lagerflächen für die Stahlproduktion der Voest Alpine zu erzeugen. Freundlicherweise bekam die Kunstuniversität Linz die Möglichkeit einen der Hochhaustürme kurz vor seinem Abbruch für ein halbes Jahr zu bearbeiten und zu bespielen.
Die Studierenden der Experimentellen Gestaltung fokussierten sich auf den Ort und seine komplexe Geschichte, seine ehemaligen BewohnerInnen und seine Veränderung und Verwandlung. Sie arbeiteten ein ganzes Semester vor Ort und entwickeln eine Vielzahl von raum- und ortsbezogenen Arbeiten. Als Abschluss der Recherche und des intensiven Arbeitens wird interessiertes Publikum an drei Öffnungstagen in Gruppen durch das Hochhaus zu den künstlerischen Arbeiten und Installationen geführt.
Projektleitung: Hubert Lobnig
Beteiligte Studierende: Jakob Breitwieser, Marlene Eisenberger, Stephanie Farkashazy, Alexander Grettner, Rebecca Hochreiter, Matthias Lindner, Pamela Litzlbauer, Moritz Matschke, Marlies Matzer, Elke Meisinger, Lee Meng-Shu, Anna Pech, Felix Schager, Michaela Tanzer, Vildan Turalic, Julia Vogt, Martin Weichselbaumer, David Wittinghofer
Kooperation: Sustainable Architecture + Spatial Tactics, Voest Alpine
Mehr Information zur Lunzerstraße 42 und dem Projekt befindet sich am Ende dieser Seite!
Moritz Matschke - "O.T." (Aufzugsschacht, Rakete)
 Foto: Florian Voggeneder
Ein aufgelassener Aufzugsschacht des Hochhauses „Lunzerstraße 42“ erfand sich neu als Ort selbstgebauter Abschussphantasien. Der aus zum Teil Gefundenen und Industrieschrott konstruierte Flugkörper erzeugte eine zeitlose Präsenz der vor Ort gelebten Intentionen. Der Mythos vieler unerzählter Geschichten und Erlebnisse verdichtet sich in der Enge des Schachtes. Der marode Kern des verfallenen Hauses beherbergte im tiefsten Inneren ein zum Abschuss bereitstehendes Geschoss. Zugleich war das Objekt das imaginierte Raumschiff mit deren Hilfe Grenzen und Barrieren überwunden werden können. Die Rakete als Objekt der Bedrohung und Chance suggeriert die Vorstellung sanktionierter BewohnerInnen als unsichtbare Akteure im Verborgenen am Rande der Stadt. Rebekka A. Hochreiter, Michaela M. Tanzer und Martin Weichselbaumer - "Zeitworte" (Soundinstallation)
 Foto: Elke Meisinger
Die Gebäude haben viele spannungsvolle Jahre hinter sich. Große Teile davon wurden viele Jahre als Unterbringung für Flüchtlinge und Asylwerber_innen genutzt. Besonders von 1992 bis 1999 gab es an diesem Ort etliche Zimmer für Kriegsfüchtlinge aus Bosnien und anderen von Kriegen und Krisen betroffenen Ländern. Die Wohnblöcke wurden Anfang 2014 abgetragen und verschwinden somit auch aus der Stadtgeschichte und dem Blickfeld ihrer Einwohner_innen. Um persönliche Bilder die dort am Rande der Stadt entstanden, fest zu halten und subjektive Erinnerungen an Erlebnisse die in an das Haus gekoppelt sind in das öffentliche Bewusstsein zu rücken, hielten wir Gespräche mit ehemaligen Bewohner_innen und Angestellten der Volkshilfe OÖ fest. Ortsbezogen wurden Ausschnitte aus zuvor geführten Interviews via kleinen Lautsprechen platziert um die stillgelegten Räume wieder laut zu machen.
Elke Meisinger - O.T. (Fotoarbeit)

Die zentralen Themen meiner Bildproduktion sind die Architektur, das „Zuhause“ (hauptsächlich Einfamilienhäuser) und Irreführung der Raumwahrnehmung im Fotografschen. Ich fotografere analog mit Mittel-Format, nutze aber auch bei einigen Projekten die digitalen Möglichkeiten der Bildmontage und arbeite teilweise bewusst mit der Erwartungshaltung des Betrachters einer möglichen Manipulation und der daraus resultierenden Irritation.
Vildan Turalic - O.T. (Ortsbezogene Video/Sound + Objekt/Sound Installation)
 Foto: Florian Voggeneder
Die Geschichte eines Gebäudes ist oft auch die Geschichte seiner Bewohnerinnen. Unerwartet begibt es sich, dass zwei meiner Erinnerungen respektive Erlebnisse, Parallelen zu den Erfahrungen der ehemaligen Bewohner_innen der Lunzerstraße aufweisen. Die Video/ Sound Installation greift zurück auf meine Erfahrungen als Werkstudent im Voest-Betrieb und nimmt gleichzeitig Bezug auf die ersten 15 Jahre der Gebäude, wo sie als Unterkunft für die Lehrlinge des Stahlbetriebes dienten. Die Objekt/ Sound Installation in einem der Zimmer, stellte ein Ereignis aus meiner Kindheit im ehemaligen Jugoslawien nach. Sobald die Sirenen bei Nacht Fliegeralarm meldeten, verließen wir die Betten um die Schutzräume aufzusuchen. Zurück blieb das faltige Bettlaken unter dem Fenster. Vergleichbare Szenarien dürften auch den Flüchtlingen der Balkankriege widerfahren sein, denen in den 90er Jahren Asyl in der Lunzerstraße gestattet wurde. Die Alarmsignale im Sound verbanden beide Arbeiten und traten in Wechselwirkung miteinander, überbrückten so Raum und Zeit. Der Ort wurde zur Schnittstelle meiner Erlebnisse und denen seiner BewohnerInnen, zeigt aber auch Aspekte auf, die im Spannungsfeld von Krieg und Stahlindustrie durchaus ironische Züge aufweisen.
Julia Vogt - "O.T. (Ein Blick vom Mond auf unsere gemeinsame Heimat Erde)" (Ortsbezogene Rauminstallation mit Fotografien)
 Foto: Elke Meisinger
In einem gewöhnlichen Schlafraum der Lunzerstraße 42 wurden zwei Schaukästen mit Fotografen integriert. Die Fotos zeigten das, was hier zu sehen war: Eine Holzblende, auf die eine Karte geklebt wurde, daneben ein Haken. Auf der Karte ist zu lesen: Ein Blick vom Mond auf unsere gemeinsame Heimat Erde. Darüber eine der ersten Abbildungen, die die Erde vom Mond aus gesehen zeigt. Gegenüber hing über einem Bett ein weiterer Schaukasten mit Foto. Zu sehen waren ein Teil der Tapete und eine Lampe unter der eine Postkarte angebracht wurde. Die Postkarte zeigte ein Einfamilienhaus, über dem sich ein Regenbogen erstreckt.
Michaela M. Tanzer und Rebekka Hochreiter - "Paint it black until it´s sober" (Intervention und Animation, Waschraum 1)
 Foto: Elke Meisinger
Die leerstehenden Wohnblöcke der Lunzerstraße haben viele spannungsvolle Jahre hinter sich. Anfang 2014 wurden sie abgetragen und verschwinden so aus den Köpfen ehemaliger Bewohner_innen und aus der Geschichte der Stadt. Die 12,75 m2 kleinen Zimmer wurden von Lehrlingen, Asylwerber_innen, Flüchtlingen und VOEST-Arbeiter_innen bewohnt. Es sind hoch aufgeladene Orte, voll mit Erinnerungen und Lebensereignissen unterschiedlichster Menschen. In ihrem unbewohnten Zustand wirken diese Räume dort geisterhaft und beängstigend. Die Oberfächen der Wände, Decken und Böden sind Zeitzeugen und weisen Spuren der Vergangenheit auf. Bei Betreten solcher fremden Zimmer eröffnet sich uns Besucher_innen viel Unbekanntes und Spieraum für assoziatives Denken. In Gaston Bachelards "Poetik des Raumes" steht geschrieben, dass wir Zimmer lesen. "… , denn Zimmer und Haus sind Diagramme der Psychologie, welche die Schriftsteller und Dichter in der Analyse der Innerlichkeit leiten." (Gaston Bachelard; Poetik des Raumes; 9. Aufage; 2011; Fischer Taschenbuch Verlag; Frankfurt am Main; S.60) Bilder, die in Retinas ehemaliger Bewohner_innen drangen, Geräusche, die sich in ihren Köpfen verankerten oder Gerüche, die diese nicht wieder los werden, können wir vielleicht erahnen. Aber wie sich die persönlichen Erinnerungsräume wirklich gestalteten, wissen wir nicht. Man sagt, dass "Erinnerung verblasst." Aber ist es nicht so, dass im Laufe des Vergessens Bilder dunkler werden und sie in die Ferne rücken? Schwarze Materie anstelle von farbiger tritt? Wie war es, in den Zimmern der Häuser zu wohnen? Dort zu schlafen, zu essen, zu leben? Welche Erinnerungen bleiben? Wenn wir abends nach Hause kommen, waschen wir die Spuren/Erinnerungen des Tages ab. Wir gehen duschen oder waschen uns die Hände um das Draussen dort zu lassen und unsere Intimsphäre zu pfegen. In den Waschräumen dieser Gebäude war es kaum möglich Intimität zu spüren. Weil die Räume ständig mit Anderen geteilt werden mussten und die dafür vorgesehenen Bereiche nicht für Individuen konzipiert wurden, sie rein funktional und fast schon panoptisch angelegt sind. Wenn einem als Bewohner_in eines Hauses es niemals möglich ist, sich von der Öffentlichkeit ganz zu entziehen, sich sauber zu machen von dem, was Draussen war, gibt es kein Ruhemoment. Die Differenz zwischen öffentlichem und privatem Leben ist aber bedeutsam, um wieder frei von den Rollen zu werden, die man für das Draussen angenommen hat. Auch Privatmensch sein zu können ist entspannend und essentiell. Die emotionale Aufadung jener Menschen, die sich in den Waschräumen der Gebäude der Lunzerstraße die Hände wuschen, die Haare kämmten, den Schmutz unter den Fingernägeln entfernten oder die Zähne putzten muss groß sein, weil sie dies niemals alleine - für sich - tun konnten. So malen wir die weißen Fliesen schwarz, um die Dichte, die Fülle dieser Ladung, darzustellen.
Pamela Litzlbauer - "Klammstrasse 3" (Sound Installation)
 Foto: Elke Meisinger
Waschmaschinen, Boiler, Heizkörper sind nicht nur passive Objekte in unserer Wohnung, sondern aktive autonome Gegenstände unseres soziokulturellen Systems. Sie verkörpern gesellschaftliche Werte und Bedeutungen. Die Arbeit Klammstrasse 3 verwendete eine Durchsageanlage die im Gang des ehemaligen Internats und Asylwohnheims angebracht war. Durch die Boxen drangen aber nicht mehr wie füher Aufforderungen und Handlungsanweisungen sondern die mit Hilfe von feld recording aufgezeichneten „everydaylistenings“ aus einer Privatwohnung. Das Surren der Heizkörper ergab den Grundsound. Dazu kam immer wieder neues brummen/fackern/schnattern und vermischte sich zu einer Klangkomposition die in die Stille des Leerstandes eindrang. Der akustisch leere Raum wurde so neu aufgefüllt. Keynotesound haben eine funktionale Bedeutung in unseren Leben. Jeder Raum hat seine eigenen Klangkörper „Environemental noise Ambience”.
Marlene Eisenberger - "48.26168 °N14.33781 °E" (Postkarten)
 Foto: Elke Meisinger
Die Zeit in der Lunzerstraße 42, war in den 90er Jahren für viele Migrant_innen eine sehr schwierige. Um auf die damaligen Probleme der Frauen, die in dem Asyl-Wohnheim untergebracht waren aufmerksam zu machen, habe ich mich mit einigen ehemaligen Bewohner_innen getroffen. Im Zuge von Interviews habe ich versucht ihre Schicksale und Lebensgeschichten zu erfahren. Dazu dienen anonyme Interviewfragmente, welche die prekäre Situation aufzeigen, diese jedoch nicht werten und gleichzeitig die Intimsphäre der Betroffenen wahren. Ich habe als Medium die Postkarte gewählt weil ich dadurch den Effekt eines „offenen Briefes“ erzeugen will, gerichtet an „alle die es angeht. Damit fordere ich auf, sich dieses Themas anzunehmen, sich damit auseinander zu setzten; unter dem Motto „Ereignisse in unserem Umfeld gehen uns alle etwas an.“
Marlene Eisenberger - "Point of View" (Fotografien)
 Foto: Elke Meisinger
In dieser Fotoarbeit beschäftigte ich mich mit der Architektur der Lunzerstraße 42. Auf die Historie der Anlage nahm ich darin keinen Bezug. Durch das Spiel mit Perspektiven entstand im Auge des Betrachters völlig Neues. Selbst der veraltete kurz vor dem Abriss stehende „Plattenbau“, erschien in Bildausschnitten architektonisch ansprechend.
Felix Schager - "Cans, Conflicts & Crisis" (Hommage-Collage aus zerschnittenen Getränkedosen)
 Foto: Elke Meisinger
Das Farbmuster ergibt sich aus übereinander gelegten Weltkarten zu den Thematiken: "2007-2009 World Financial Crisis World Maps", "Oct. 2012 Ongoing conflicts around the world World Map" & "Conflict Barometer 2012 der Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung“. Bei der Bezeichnung Hommage-Collage handelte es sich um eine Parodie auf niemals idente, geographische Darstellung der Erde auf Weltkarten, als auch um eine Hommage an die heutig allgemein geltende Leichtgläubigkeit der breiten Masse an Wikipedia, Wiki-Maps & Wirtschaftsmagazinen als zuverlässigste Quellenangabe, wobei die Quellen hinter den Quellen und Autoren kaum hinterfragt werden. Der Ausstellungstitel „Was War ist“ steht im direkten Kontext zur Arbeit durch eine farblich dargestellte Zeitüberlappung welche die Welt in verschiedene Wirtschaftssektoren teilt. Thematisiert wird der Aspekt der Konfiktschaffung in (laut Statistiken in Zeiten der offziellen Rezession) wirtschaftlich aufsteigenden Gebieten.Vergangenes verfärbt oder bleicht aus & was war bleibt undurchsichtig für den Rest der Welt bestehen, ähnlich dem Ausstellungsraum der Lunzerstraßen-Bauten.
David Aaron Wittinghofer - "From Traiskirchen to Linz" (Found Footage Wandzeichnung, Schild)
 Foto: Florian Voggeneder
Ein neben anderen zunächst unscheinbar wirkendes Schriftbild an der Wand entpuppt sich bei näherer Betrachtung als vielschichtige Informationsstruktur, welche zwar nicht vollständig entschlüsselbar ist, dadurch aber einen Imaginationsraum eröffnet, zum Nachdenken und Erinnern anregt. Bereits die Überschrift "From Traiskirchen to Linz" erzeugt eine gedankliche Brücke zwischen den beiden Orten. Der eine ist fern und doch bekannt für die dortige "Bundesbetreuungsstelle für Asylwerber", der andere ist ganz nah, aber trotz-dem fremd, da teilweise in Vergessenheit geriet: Ab Mitte der 1990er Jahre wurden hier ebenfalls Asylwerber_innen untergebracht, zeitweise 500 Menschen und damit beinahe doppelt so viele wie in Traiskirchen. Darüber hinaus, sind aber auch noch zahlreiche private Informationen erkennbar: Die folgenden Schriften, Zeichen, Notizen und Kürzel, die Zahlen und Monatsnamen bilden einen improvisatorisch gewachsenen und zirka fünf Monate umfassenden Kalender. Dieser diente scheinbar der Selbst-organisation im 12,75 m2 kleinen Doppelzimmer, worauf die sich abwechselnden Namen zweier Frauen deuten. Angineh und Manifa - Dieser Raum war ihr Zimmer, das Schriftbild ist ihre Nachricht, Teil ihrer Geschichte und gleichzeitig auch jener der Lunzerstraße.
Rebekka Hochreiter - "Gedächtnis der Gegenstände" (Raum)

Wie Erinnerungen an Privatpersonen anhand forensischer Spurensicherung festgehalten wird zeigte diese Videoarbeit. Es wurde eine genaue Untersuchung, Katalogisierung und Archivierung von Gegenständen durchgeführt. Die Objekte der Vergangenheit erzählten so in ihrer Abwesenheit von ihren ehemaligen Besitzer_innen und deren Geschichten.
Jakob Breitwieser, Stepha Farkashazy und Matthias Lindner - O.T. (Rauminstallationen mit vorgefundenen Materialien in 18 Zimmern)
    Fotos: Elke Meisinger
Der 8. Stock, 18 Zimmer, zu je 12,75 m2 wurden unterschiedlich bespielt und durch verschiedenes Material zur Bühne eines Kopfkinos in dem die BetrachterInnen die Räume in Beziehung setzen und in-dividuelle Assoziationsräume erschließen konnten. Wir reservierten uns von Anfang an ein gesamtes Stockwerk in dem Lunzerstrassen-Hochhaus und nahmen uns drei Monate Zeit für unsere Realisationen. Die 12.75 m2 großen Einzelräume und die vorhandenen Einrichtungsgegenstände bilden die Grundstruktur der Rauminstallationen und Interventionen. Raumfüllende Assemblagen aus Holz, Matratzen oder Pölstern, ein Klettergerüst aus den grünen Untergestellen der Einbaumöbel der Lehrlingszimmer, die Totalsanierung eines Raumes, praktisch fertig für eine Neuvermietung oder die Einrichtung eines kleinen, sorgfältig ausgestatteten Museums von gefundenen Gegenständen aus dem Haus sind nur einige Beispiele. Die Arbeitsmethodeethoden reichte von Belassen des Vorgefundenen über sorgfältige kleine Eingriffe bis zu totalen Umbauten und ließ so die ganze Bandbreite der Geschichte des Hauses und des Ortes transparent werden.
Anna Pech - O.T. (Pop-up-Store)
 Foto: Elke Meisinger
Ein perfekt eingerichteter und exklusiv ausgestatteter Pop-up-Store erwartete seine BesucherInnen mit neuesten Angeboten aus der regionalen und internationalen Modeszene im 9. Stock des ehemaligen Lehrlings- und später Asylwohnheimes. Die Arbeit griff das zur Zeit sehr beliebte aber durchaus ambivalente Phänomen der Pop-up-Stores auf. Pop-up-Stores entstehen oft aus der prekären wirtschaftlichen Situation ihrer GründerInnen und/oder der Tatsache von spekulativen, unerschwinglichen Immobilien und versuchen Qualität durch Auf- und Abtauchen, Kürze und Abwechslung zu erzeugen. Als Struktur werden dafür oft unerschewingliche Lokale oder häufig auch temporäre Leerstände genutzt. In dem Store wurde mit den häufig anzutreffenden Methoden von schneller Überdeckung und Kaschierung zur Schaffung einer kurzzeitigen „besonderen Atmosphäre“ gearbeitet. Zu dem inszenierten Store gehörte selbstverständlich eine professionell inszenierte Verkaufssituation. Dadurch wurde die vollkommene Absurdität der Situation erzeugt.
Rebekka Hochreiter - O.T. (Intervention – Copy Paste Tapete)
 Foto: Elke Meisinger
Lee Meng-Shu - "Pregnant" (Objekt)
 Foto: Florian Voggeneder
My inspiration is comes from the dust. I think dust is like a baby, and this building is like a womb who is pregnant with dust. I want to concerned about this building closed moment until now. This womb is pregnant with dust, with time. Generation and accumulation is the prove of this time. I think the womb is a pure and clear place, so paint it to become a white space. The Body sculpture at the middle placed is from my own body. Imagine myself as peaceful returned to the womb, Like the dust waiting someday to born.
Alexander Gretter - O.T. (Wäscheleine, nasse Wäsche)
Foto: Elke Meisinger
Außenbereich:Geplant war ursprünglich ein Stahlseil zwischen den Gebäuden 42 und 43, den ersten beiden Häusern zu spannen und mit nasser Kleidung und Bettwäsche zu behängen. Realisiert wurde aus technischen Gründen die Version, mit einer Wäscheleine zwischen vier Fenstern des ersten Hauses. Die Wäsche diente somit als Zeichen an der Hausfassade. Es sollte das Gefühl entstehen, das hier ein sozialer Brennpunkt war. Durch die Abgeschlossenheit, die fehlende Infrastruktur konnte man nur schwer der Lunzerstraße entfliehen. Die Wäscheleine steht für die Enge des Zusammenlebens und den Verlust von Privatsphäre. Die nasse Kleidung welche im Winter im Wind fattert, wird die Umgebung in sich aufnehmen. Und Industrie-Staub setzt sich in der Kleidung fest.
ZUR GESCHICHTE DES GEBÄUDES "LUNZERSTRASSE 42"
Hubert Lobnig, Experimentelle Gestaltung: was wahr ist, schafft nicht Zeit, es macht sie wett. Du haftest in der Welt, beschwert von Ketten, doch treibt, was wahr ist, Sprünge in die Wand. Du wachst und siehst im Dunkeln nach dem Rechten, dem unbekannten Ausgang zugewandt.
Diese Zeilen aus dem Gedicht von Ingeborg Bachmann hat uns zu dem Ausstellungstitel inspiriert. Ein Missverständnis hat ihn gebildet. Durch die Weglassung des h im wahr bezieht er sich hier nicht mehr auf den Begriff der Wahrheit sondern auf den Verlauf von Zeit, auf Ereignisse, die in einen Ort eingeschrieben werden und fragt wie relevant die Vergangenheit für die Gegenwart ist.
Schon 1996/97 hatte ich eine Begegnung mit den Hochhäusern in der Lunzerstrasse. Ein versuchter Projektversuch im damaligen sehr großen AsylwerberInnen- und Flüchtlingsheim verlief sich in totaler Trostlosigkeit und wurde abgebrochen. Die Menschen, die damals in den Gebäuden untergebracht waren, warteten in der Abgeschiedenheit vom Leben in Linz auf weitere Entscheidungen. Handlungsunfähigkeit in einem Gelände von produktiver Prosperität. Die Möglichkeit mit Kunst an dem Ort zu agieren war damals, bei Anblick der Lage und Situation unmöglich. Ein paar Briefe wurden abgeschickt, um politisch zu intervenieren. Kurzer Briefverkehr. Andere Aufgaben.
Die Lunzerstraße liegt im Linzer Süden auf dem Gelände der Voest Alpine zwischen Produktionsgebäuden auf der einen und dem direkt angrenzend Naturraum des unteren Traunlaufes auf der anderen Seite.
Früher Überschwemmungsgebiet war hier gegen Ende des 2. Weltkrieges das Nebenlager III, ein Außenlager des KZ Mauthausen, in dem ZwangsarbeiterInnen der „Hermann Göring Werke“ in Holzbaracken untergebracht waren.
1972 wurden an dieser Stelle Lehrlings- und Arbeiterwohnungen in vier Hochhaustürmen mit jeweils 11 Stockwerken und Verbindungselementen im Parterrebereich errichtet. Stahlbetonbau, solide, funktional. Zellen für die Lehrlinge, ein Erzieherzimmer pro Stockwerk. Geprägt ist sowohl das Gebäude, aber auch seine Ausstattung durch die 70er-Jahre: Selbst geschweißte Stahlmöbel, grün lackiert, orangefarbene Arbeitsplatten, eine charmante rosarote Küche, mit Teakholz furnierte Platten in Kästen, Regale, Tische verbaut.
Ab Mitte der 1990er Jahre wurden die Hochhäuser als Flüchtlings- und AsylwerberInnenheim genutzt, kurze Zeit weit größer als das viel bekanntere Traiskirchen, das jedoch nach ca. zehn Jahren wegen fortschreitend unmenschlichen Bedingungen, und vor allem wegen der isolierten Lage wieder aufgelöst werden mussten.
2013 standen die Gebäude großteils leer, Anfang 2014 wurden sie abgerissen um Lagerflächen für die Stahlproduktion der Voest Alpine zu erzeugen. Freundlicherweise bekam die Kunstuniversität Linz die Möglichkeit, eines der vier Gebäude kurz vor seinem Abbruch für ein halbes Jahr zu bearbeiten und zu bespielen.
Die Studierenden der Experimentellen Gestaltung fokussieren sich auf den geschichtlichen Ort, seine ehemaligen BewohnerInnen, den Ort in seiner komplexen Geschichte, Veränderung und Verwandlung. Sie arbeiten ein ganzes Semester vor Ort und entwickeln eine Vielzahl von raum- und ortsbezogenen Arbeiten. Als Abschluss der Recherche und des intensiven Arbeitens fand Ende Januar die Präsentation statt. Interessiertes Publikum wurden an drei Öffnungstagen in Gruppen durch das Hochhaus zu den künstlerischen Arbeiten und Installationen geführt.
|